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(Zu Praktiken:)
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Ich bin gespannt, danke für das Aufnehmen der Frage in die Vorlesung.
 
Ich bin gespannt, danke für das Aufnehmen der Frage in die Vorlesung.
 
Ich versuche parallel dazu mich mal der Begründung für die Entscheidung zur Praxistheorie anzunehmen (hier der Blogartikel[http://www.ini20.de/2013/04/warum-praxistheorie-fur-social-media/]). Ich finde gerade eine Typologie von Social Media-Praktiken fehlt noch innerhalb der Soziologie. <s>Ich werde Ihre demnächst mal stärker mit denen von Nick Couldry gegenüber stellen (als Blogartikel)</s> Ich habe für die Vorlesung nun versucht, Ihre Praktiken zu Social Media denen von Nick Couldry gegenüberzustellen, in diesem kleinen Artikel [http://www.ini20.de/wp-content/uploads/2013/04/Bretzger-2013b-Social-Media-Praktikenvergleich.pdf]. Ich würde mich über kurzes Feedback und Kritik sehr freuen. Vielleicht ergeben sich ja Erweiterungsmöglichkeiten... --[[Benutzer:Richy|Richy]] ([[Benutzer Diskussion:Richy|Diskussion]]) 10:51, 17. Apr 2013 (CEST)
 
Ich versuche parallel dazu mich mal der Begründung für die Entscheidung zur Praxistheorie anzunehmen (hier der Blogartikel[http://www.ini20.de/2013/04/warum-praxistheorie-fur-social-media/]). Ich finde gerade eine Typologie von Social Media-Praktiken fehlt noch innerhalb der Soziologie. <s>Ich werde Ihre demnächst mal stärker mit denen von Nick Couldry gegenüber stellen (als Blogartikel)</s> Ich habe für die Vorlesung nun versucht, Ihre Praktiken zu Social Media denen von Nick Couldry gegenüberzustellen, in diesem kleinen Artikel [http://www.ini20.de/wp-content/uploads/2013/04/Bretzger-2013b-Social-Media-Praktikenvergleich.pdf]. Ich würde mich über kurzes Feedback und Kritik sehr freuen. Vielleicht ergeben sich ja Erweiterungsmöglichkeiten... --[[Benutzer:Richy|Richy]] ([[Benutzer Diskussion:Richy|Diskussion]]) 10:51, 17. Apr 2013 (CEST)
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So, die Vorlesungsfolien sind online (s.o.) und ich will kurz noch feedback zum Paper geben. Es gefällt mir gut; das Anliegen, die Rolle und Eignung von Praxistheorien für die kommunikationswissenschaftliche (Social-Media-)Forschung zu diskutieren, ist sinnvoll. Einige kleine Anmerkungen (nicht im Sinne von Kritik, sondern als Erweiterung / Ergänzung) habe ich:
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* zur Unterscheidung "dispers/integrativ" und meinen "-management"- Ebenen (S. 4): im Kommentar oben steht ja schon etwas; die Unterscheidung von Id.-, Bez.- und Inf.management betont meines Erachtens vor allem den Bezugspunkt der Praktiken - das Selbst, das soziale Umfeld, das Wissen über die Welt. Man kann sie als disperse Praktiken deuten (ich mache das manchmal; in der Hinsicht bin ich nicht absolut "analytisch konsequent"), aber wie zu Recht angemerkt sind es so allgemeine Kategorien, dass sie schwer empirisch "greifbar" sind. Da fände ich lohnenswerter, etwas 'tiefer' einzusteigen; in der Vorlesung heute habe ich noch etwas unbeholfen "plattforminterne" und "plattformübergreifende" Praktiken unterschieden. Erstere verweisen auf die Differenzierung von Praktiken "innerhalb" einer Plattform, also auf den Umstand, dass v.a. durch spezifische Regeln und Relationen distinkte Praktiken des Bloggens o.ä. entstehen. Letztere verweisen auf Praktiken wie "Suchen", "Kommentieren" oder "Verschlagworten", sind also in etwa wie Couldrys Praktiken zu deuten.
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* Temporalität (S. 4 unten): D'accord, dass die Perspektive auf Praktiken auf die zeitliche Dimension einbeziehen muss. Ich erfasse das z.B. über den Gedanken, dass Praktiken als "Handlung im Vollzug" Strukturen (re)produzieren oder auch wandeln; etwas schematisch könnte man das als Strukturen t1 -> handeln t1 -> Strukturen t2 -> Handeln t2 -> etc. ausdrücken.
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* Damit zusammenhängend, paraphrasiert: Ein geschriebener Text als Objektivation einer Praxis darf nicht mit der Praxis selbst verwechselt werden. Ebenfalls d'accord, allerdings (a) sind je nach methodischem Zugang nur die Objektivation für den Beobachter zugänglich und (b) ist eine Objektivation möglicherweise wieder rahmender Bestandteil für folgende Episoden. In den Folien findet sich z.B. die Abbildung der "distributed conversations" nach Efimova 2009; hier sind die einzelnen Blogeinträge einerseits Objektivation von Praktiken des (knowledge) blogging, auf die in nachfolgenden Episoden aber auch wieder Bezug genommen wird.
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* Unterschied individueller Akteur vs. kollektiver Akteur: Das ist ein wichtiger Punkt, wobei mir im Text ein Missverständnis zu stecken scheint. Zwischen "Nutzungspraktiken von Mitarbeitenden einer Organisation" vs. "eines eigenständig recherchierenden Journalisten" ist in dieser Hinsicht kein großer Unterschied bzw. die Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich über unterschiedliche Regeln (z.B. organisationsinterne Normen und Vorschriften), Relationen, Code identifizieren. Wenn wir aber "kollektiver Akteur" im Sinne z.B. einer sozialen Bewegung, einer Organisation, einer Kirche o.ä. verstehen, dann kommen wir an die Frage, ob die auch Träger/Ausüber von Praktiken sein können. Das werde ich heute abend nicht mehr beantworten können :-)
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--[[Benutzer:Janschmidt|Janschmidt]] ([[Benutzer Diskussion:Janschmidt|Diskussion]]) 21:06, 18. Apr 2013 (CEST)

Version vom 20:06, 18. Apr 2013

Grundlagen II: Episoden, Praktiken und Strukturen

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Worum geht es?

Vernetzte Öffentlichkeiten lassen sich, wie jedes soziale Phänomen, auf unterschiedlichen Ebenen beschreiben.

  • Welche Beobachtungs- und Beschreibungsebene - Episoden, Praktiken, Strukturen - ist die richtige für welche Fragen?
  • Wie wirken Strukturen und Handeln wechselseitig aufeinander ein?
  • Kann man das alles auch nicht so soziologisch-abstrakt, sondern anschaulich erklären?

Weiterführende Literatur und Links

In den Folien zitiert / verwendet:

  • Efimova, Lilia (2009): Passion at work: blogging practices of knowledge workers. Inaugural-Dissertation an der Universität Utrecht. Enschede. Online verfügbar: http://blog.mathemagenic.com/download/passionAtWork.pdf.
  • Höflich, Joachim R. (2003): Mensch, Computer und Kommunikation: Theoretische Verortungen und empirische Befunde. Frankfurt a.M.
  • Paus-Hasebrink, Ingrid/Jan Schmidt/Uwe Hasebrink (2009): Zur Erforschung der Rolle des Social Web im Alltag von Heranwachsenden. In: Jan Schmidt/Ingrid Paus-Hasebrink/Uwe Hasebrink (Hrsg.): Heranwachsen mit dem Social Web. Zur Rolle von Web 2.0-Angeboten im Alltag von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Berlin. S. 13-40.
  • Schmidt, Jan (2006): Weblogs. Eine kommunikationssoziologische Studie. Konstanz.
  • Schmidt, Jan (2011): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web 2.0. Konstanz.
  • Stock, Jessica (2011): Eine Maschine wird Mensch? Von der Notwendigkeit, Technik als integralen Bestandteil sozialer Praktiken zu akzeptieren – Ein Theorie-Report. Technical University Technology studies. Working Papers 2-2011. Berlin. Online: http://www.ts.tu-berlin.de/fileadmin/fg226/TUTS/TUTS_WP_2_2011.pdf.

Weiterführende Links

Folien zur Vorlesung

http://de.slideshare.net/JanSchmidt/vernetzte-ffentlichkeiten-2013-sitzung-3-episoden-praktiken-strukturen

.pdf-Fassung: http://www.schmidtmitdete.de/pdf/vernoe13_03_print.pdf

Fragen (und Antworten)

Zu Praktiken:

Fände es vor allem für eine Typologisierung von Netz-Praktiken spannend die vorgeschlagenen Dimensionen von Regeln, Relationen und Codes (Schmidt 2009:47ff) sowie die Social-Web-Praktiken der drei verschiedenen Management-Kategorien (Identitäts-, Beziehungs-, Informationsmanagement) auszubauen. Sind ja alles eher disperse Praktiken (nach Schatzkis Praktikendefinition). Daher würde mich interessieren, wie man die z.B. mit von Nick Couldry ([1] 2012: Media, Society, World. Social Theory and Digital Media Practice, S. 44 ff) vorgeschlagenen Praktikenkategorien kombinieren könnte. Also zum Beispiel: (1) Searching and search enabling, (2) Showing and being shown, (3) Presencing, (4) Archiving

Jan Schmidt's Kategorien sind in der Social Media Empirie einfach sehr schwer eindeutig zu bestimmen, während Nick Couldrys Praktiken schon "intuitiver" erscheinen, leider aber eben nicht so (sozial-)theoretisch fundiert sind.

- Kann man beides sinnvoll miteinander kombinieren?

- Lassen sich Schmidt's Praktikenkategorien überhaupt den Kategorien dispers und integrativ zuordnen? (Zur Unterscheidung von integrativ-dispersiv bei Schatzki siehe z.B. Stock:2011, S. 16 [2]

Spannende Frage! Da muss ich mal drüber nachdenken, und schauen, inwieweit ich in der Vorlesung hier in die Tiefe gehen kann. Aber eine tolle Anregung! --Janschmidt (Diskussion) 13:37, 4. Apr 2013 (CEST)

Ich habe jetzt die Folien nahezu fertig; ich werde leider nicht so stark in die praxistheoretischen Tiefen einsteigen können. Aus der Frage/Anregung habe mit aufgenommen, deutlicher zwischen plattformübergreifenden ("dispersen") Praktiken wie dem "Sharing", dem "Kommentieren" oder dem "Kontakten" sowie den plattforminternen ("integrativen") Praktiken wie dem "scientific blogging" oder dem "political blogging" zu unterscheiden. Die Management-Formen sind je nach Perspektive Komponenten von Praktiken (weil in einer Praxis eine oder alle Komponenten auftauchen können) oder aber übergreifende "Bündel", weil sie sich in einer Vielzahl von Praktiken artikulieren. Ich hoffe, das klärt es etwas.. :-) --Janschmidt (Diskussion) 22:48, 16. Apr 2013 (CEST)

Ich bin gespannt, danke für das Aufnehmen der Frage in die Vorlesung. Ich versuche parallel dazu mich mal der Begründung für die Entscheidung zur Praxistheorie anzunehmen (hier der Blogartikel[3]). Ich finde gerade eine Typologie von Social Media-Praktiken fehlt noch innerhalb der Soziologie. Ich werde Ihre demnächst mal stärker mit denen von Nick Couldry gegenüber stellen (als Blogartikel) Ich habe für die Vorlesung nun versucht, Ihre Praktiken zu Social Media denen von Nick Couldry gegenüberzustellen, in diesem kleinen Artikel [4]. Ich würde mich über kurzes Feedback und Kritik sehr freuen. Vielleicht ergeben sich ja Erweiterungsmöglichkeiten... --Richy (Diskussion) 10:51, 17. Apr 2013 (CEST)

So, die Vorlesungsfolien sind online (s.o.) und ich will kurz noch feedback zum Paper geben. Es gefällt mir gut; das Anliegen, die Rolle und Eignung von Praxistheorien für die kommunikationswissenschaftliche (Social-Media-)Forschung zu diskutieren, ist sinnvoll. Einige kleine Anmerkungen (nicht im Sinne von Kritik, sondern als Erweiterung / Ergänzung) habe ich:

  • zur Unterscheidung "dispers/integrativ" und meinen "-management"- Ebenen (S. 4): im Kommentar oben steht ja schon etwas; die Unterscheidung von Id.-, Bez.- und Inf.management betont meines Erachtens vor allem den Bezugspunkt der Praktiken - das Selbst, das soziale Umfeld, das Wissen über die Welt. Man kann sie als disperse Praktiken deuten (ich mache das manchmal; in der Hinsicht bin ich nicht absolut "analytisch konsequent"), aber wie zu Recht angemerkt sind es so allgemeine Kategorien, dass sie schwer empirisch "greifbar" sind. Da fände ich lohnenswerter, etwas 'tiefer' einzusteigen; in der Vorlesung heute habe ich noch etwas unbeholfen "plattforminterne" und "plattformübergreifende" Praktiken unterschieden. Erstere verweisen auf die Differenzierung von Praktiken "innerhalb" einer Plattform, also auf den Umstand, dass v.a. durch spezifische Regeln und Relationen distinkte Praktiken des Bloggens o.ä. entstehen. Letztere verweisen auf Praktiken wie "Suchen", "Kommentieren" oder "Verschlagworten", sind also in etwa wie Couldrys Praktiken zu deuten.
  • Temporalität (S. 4 unten): D'accord, dass die Perspektive auf Praktiken auf die zeitliche Dimension einbeziehen muss. Ich erfasse das z.B. über den Gedanken, dass Praktiken als "Handlung im Vollzug" Strukturen (re)produzieren oder auch wandeln; etwas schematisch könnte man das als Strukturen t1 -> handeln t1 -> Strukturen t2 -> Handeln t2 -> etc. ausdrücken.
  • Damit zusammenhängend, paraphrasiert: Ein geschriebener Text als Objektivation einer Praxis darf nicht mit der Praxis selbst verwechselt werden. Ebenfalls d'accord, allerdings (a) sind je nach methodischem Zugang nur die Objektivation für den Beobachter zugänglich und (b) ist eine Objektivation möglicherweise wieder rahmender Bestandteil für folgende Episoden. In den Folien findet sich z.B. die Abbildung der "distributed conversations" nach Efimova 2009; hier sind die einzelnen Blogeinträge einerseits Objektivation von Praktiken des (knowledge) blogging, auf die in nachfolgenden Episoden aber auch wieder Bezug genommen wird.
  • Unterschied individueller Akteur vs. kollektiver Akteur: Das ist ein wichtiger Punkt, wobei mir im Text ein Missverständnis zu stecken scheint. Zwischen "Nutzungspraktiken von Mitarbeitenden einer Organisation" vs. "eines eigenständig recherchierenden Journalisten" ist in dieser Hinsicht kein großer Unterschied bzw. die Unterschiede und Gemeinsamkeiten lassen sich über unterschiedliche Regeln (z.B. organisationsinterne Normen und Vorschriften), Relationen, Code identifizieren. Wenn wir aber "kollektiver Akteur" im Sinne z.B. einer sozialen Bewegung, einer Organisation, einer Kirche o.ä. verstehen, dann kommen wir an die Frage, ob die auch Träger/Ausüber von Praktiken sein können. Das werde ich heute abend nicht mehr beantworten können :-)

--Janschmidt (Diskussion) 21:06, 18. Apr 2013 (CEST)